Samstag, 18. August 2007

Marmelstein, Marmelstein.

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Schön, diese modernen Häuser für moderne Familien. Viel Platz im Wohnraum und alles schön kühl.
Warum kühl? Teppiche hat man nicht mehr. Teppiche sind out. Staubfänger. Milbenhorte. Schmutznester. Weg damit. Da muss man nur husten.

Schön glatt alles jetzt. Mit Holzböden und Marmelstein.

Marmor im Entrée, Marmor die Treppe in die oberen Stockwerke, Marmor die Bäder, Marmor in der Küche, am Boden und auf Arbeitshöhe, bald finde ich sicher das erste Marmelklo.

Der Marmor glänzt, aristokratisch kühl, er ist hart wie Marmelstein und gemütlich wie die Lateranbasilika.

Geradezu klerikal, Sollnhofer Marmor, Marmor geädert, marmoriert, schwarzweiss oder grauschwarz. Marmorne Arbeitsplatten vertragen keinerlei Säureeinwirkung. Die Armaturen direkt daneben brauchen Säureputzmittel gegen den Kalk.

Da heißt es auf dem Kiwief sein. Denn schnell ist der Hahn tropfenfrei und der Marmelstein der Arbeitsplatte schäumt weiss auf. Schluss mit dem klerikalen Glanz. Da haben wir jetzt einen unauslöschlichen Säurefleck. Stumpf. Anklagend. Profan.

Du Depp hast mich ruiniert! Ruft mir der abgestumpfte Marmelstein entgegen.

Das kommt in den besten Haushalten vor. Genauer gesagt: in allen besten Haushalten. Wo auch immer ich hinkomme. Einen Marmorunfall kann jeder Haushalt vorweisen. Einen Fleck glanzlos und irreparabel. Es sei denn, man kommt mit der Schleifmaschine.

Fallen Sie nicht auf den Treppen! Marmor ist steinhart und tut irrsinnig weh. Auweh.

Lassen Sie nichts auf die Arbeitsplatte fallen. Es zerbirst in tausend Stücke. Marmor ist immer der Sieger. Gegen das feine Kristallglas. Gegen das gute Arzberg. Und auch gegen die schönen Riedel Gran Cru. Die dürfen nicht mal kippen.

Sofort Glassalat.

Na denn man los, hundertachtzig Quadratmeter Marmor warten. Auf eine sanfte Hand. Auf mich.

Italien, ick hör Dir trappsen.

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Kennen Sie das typischste Kennzeichen eines italienischen Haushaltes? Es ist...
Ja, im Fernsehen ist es der wunderbare Espressoduft. Auch bei meinen neuen Kunden bekommt der Kaffeeduft Note eins.
Die Armen. Auf Italienisch bedeutet ihr Name "Kleines Arschloch". Vielleicht sind sie deshalb nach Deutschland gezogen.

Aber zurück zur Eingangsfrage: Das wichtigste Merkmal italienischer Wohnungen und Häuser ist: die Abwesenheit von Teppichen bei gleichzeitig überbordendem Vorkommen von Marmorböden.

Italien ist ein heisses Land.

Marmor ist kühl.

In Italien sind kühle Marmorböden eine Wohltat.

Deutschland ist ein kaltes Land.

Marmor ist sch..kalt.

Wohl dem Italienfan, der da eine Fussbodenheizung hat.

Trapptrapptrapptrapp.

Marmor ist laut.

Trapptrapptrapptrapp.

Marmor hallt.

Aber des Menschen Wille...
Wie kann man sich nur in einem Marmorhaus wohlfühlen? Du legst den Arm am Tisch auf. Kreisch! Kalt. Marmor.

Dein Kind spielt am Boden. Auf glänzend glatten Marmor. Meine Güte.

Du blickst über Quadratmeter und Quadratmeter verlegten Grabgesteins. Da frierts mich in der Seele.

Aber das ist eben Lifestyle. Lifestyle sagt: Gemütlichkeit ist bäh.

Chrom.

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Chrom soll – ohne Frage – schön glänzen. Nur im vollen Glanze seiner makellos schimmernden Oberfläche ist Chrom so richtig schön.

Die Dame des Hauses wünscht eine Generalpolitur aller Chromsachen. Totalvernichtung aller Fingerabdrücke. Makelfreien Glanz.

Die Dame des Hauses ist selbst makellos. Sie wohnt in einem makellosen Rustikalhaus in einem klitzekleinen Dorf. Jedes Staubkorn in diesem Hause erhält seine Existenzberechtigung nur nach Rustikalzertifizierung. Ist es ein rustikales Staubkorn, darf es bleiben. Alle anderen kommen ins Gas – äh em aba öh in den Staubwedel.

Die Dame des Hauses- wasserstoffblonde Einmeterachtzig – öffnet. Sie hat eine geradezu erschreckende Ähnlichkeit im Exterieur mit einer großen deutschen Schauspielerin, id est, der Tochter von der Fendel,. Grüß Gott Frau von.. stopp. Falscher Film.

Es ist irgendein Nachmittag, in irgendeiner Woche. Die Dame steht im vollen Glanze ihres makellosen Make Ups, die Haare, als hätte Udo W. gerade noch seinen meisterlichen Stilkamm darin versenkt.

Um ihr makelloses Haus nicht zu beflecken, macht sie ihre PC-Arbeit draussen auf der Terrasse. Vielleicht wohnt sie dort die ganze Zeit. Der tiefe Goldton ihrer Haut legt dies nahe.
Im Haus könnte sie ein Sitzkissen zerknautschen.

Ich poliere also das Chromzeug. Das heißt, ich poliere jede einzelne Schöpfkelle oder Fleischgabel, die in der Küche an einer Stange hängt, ich poliere Puderdosen und die Köpfe von Pfeffermühlen, ich poliere den Chrombrotkasten und ein Chromregal. Die Deckel von Handkaffeemühlen. Chrombeschläge, Chromfüße, Chromsalzstreuer. Unglaublich, was die moderne Wohnkultur für Massen an Chromgegenständen hervorgebracht hat. Auch die Spargellzange ist aus Chrom.

Irgendwie fühle ich mich hier extrem unwohl. Es herrscht hier so eine „Der Mohr soll seine Schuldigkeit tun. Der Mohr soll dann ganz schnell seine suboptimale Makelhaftigkeit aus dieser ge-clearten Umgebung entfernen.

Irgendwas ist hier unter der Decke, unter dem Mäntelchen, zugegebenermaßen, dem sehr dünnen Mäntelchen oberflächlicher Freundlichkeit oberfaul. Gott sei Dank ist der Auftrag bald beendet.

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